Freitag, 17. Dezember 2010

Aujeszky - die unerkannte Gefahr

Aus leider mehr als traurigem Anlass und mit der Erlaubnis von Karin Mutzbauer, Cwn Annwn Kennel Österreich, möchte ich heute hier einen Beitrag von ihr online stellen, den sie vor wenigen Tagen verfasst hat.
Es geht um das Aujeszky-Virus, das durch Kontakt mit Schweinen und durch Verzehr von rohem Fleisch eben dieser auch auf Hunde übertragen werden kann. Die Infektion führt bei unseren Hunden immer zum Tod, innerhalb kurzer Zeit und mit einem grausamen Verlauf. Selbst unter Jägern ist vielfach nicht bekannt, wie hoch der Infektionsdruck beim Schwarzwild ist und von einem freien Bestand sind wir auch in Deutschland weit entfernt.
Karin und Christian haben leider 2 Hunde verlieren müssen, Obi und seine Tochter Affi. Ihnen gilt unser Mitgefühl. „
Auch dieser Kelch ist, wie einige andere in den letzten Jahren, leider nicht an uns vorüber gegangen. Uns war bewusst, dass sich der Begriff „aujeszky-frei“ immer nur auf den Bestand an Hausschweinen in einem Land bezieht, da wir darauf von einem Neurologen auf der Vet.Med.Univ. Wien im Rahmen der FSME-Behandlung unseres Rüden darauf hingewiesen worden waren. Damals (2008) war es nicht lang her, dass 2 Jagdterrier nach einer Schwarzwildjagd jämmerlich daran zugrunde gegangen sind. Wir haben das Thema auch besprochen, uns aber darauf geeinigt, dass – wie sb oben schreibt – wir aber hoffen, dass eben nichts passiert weil die Prävalenz wohl nicht sehr hoch ist.
 Jetzt, etwas mehr als 2 Jahre danach, würden wir uns wünschen, andere Konsequenzen daraus gezogen zu haben. Gerade sind 2 unserer Hunde an Aujeszky gestorben, nachdem sie sich 4 bzw. 5 Tage vor den ersten unspezifischen Symptomen bei einer Schwarzwildjagd an einem erlegten Stück infiziert haben.
 Bei Affi begann es mit Kopf-Schiefhalten wie bei einer Ohrenentzündung, ab und zu Kopf-Schütteln und Ohr-Kratzen. Das war Mittwoch Mittag. Am Abend bin ich zum TA mit ihr, äußerer Gehörgang unauffällig, Verdacht auf Mittelohrentzündung –> AB und Entzündungshemmer.
In der Nacht hat sie sich immer mehr am Ohr gekratzt, am nächsten Tag war Jagd und weil das Kratzen nicht besser wurde und sie insgesamt nicht fit war, ließen wir sie für die paar Stunden im Auto. Zurück beim Auto hatte sie sich das Ohr und die Umgebung inzwischen blutig gekratzt, alles war geschwollen. Als ich die Läsionen sah, musste ich sofort an Aujeszky denken. Es wurde jetzt rasant schlimmer, der Kratzzwang unkontrollierbar und sie nicht mal mehr fähig, auf allen Vieren zu stehen.
Also sofort ab zum TA, der mich offensichtlich für völlig irre gehalten hat, als ich meine Befürchtung äußerte. Als Cortisoninjektionen nichts verbesserten sondern sie auch noch anfing zu winseln und schreien und riesige Mengen Valium nötig waren, um sie ruhig zu stellen, sah er jedoch ein, dass ich vielleicht doch Recht hatte.
Also fuhren wir auf die Veterinärmedizinische Hochschule in Wien zur Notambulanz. Dort wartete schon der uns aus 2008 bekannte Neurologe, bestätigte unseren Verdacht und versorgte Aphaia mit Beruhigungsmitteln, Virostatika und Cortison – wohl wissend, dass vermutlich nichts davon mehr helfen würde.
Unsere größte Angst war jetzt, dass sich unsere anderen Hunde auch angesteckt haben könnten und daheim angekommen, mussten wir feststellen, dass Obi sein rechtes Auge zusammenkniff und sich rechts vorn am Fang bereits leicht wund gekratzt hatte und eine Schwellung verursacht hatte. Außerdem zuckte sein Kopf mehrmals pro Minute, als ob er einen „Tick“ hätte. Sein Appettit war gut wie immer.
Das ohnmächtige Gefühl, wenn der eine Hund bereits im Sterben liegt und man beim anderen weiß, dass es genauso kommen wird obwohl er eigentlich noch recht fit aussieht und den ganzen Tag mit auf Jagd war, ist unbeschreiblich beschissen.
Damit man wenigstens versucht, noch irgendwas zu retten, hat Christian Obi auch auf die Notambulanz gebracht, wo er irgendwelche neuartigen Virostatika in abartig hohen Dosierungen bekommen hat plus Cortison, außerdem wurde auch er ruhig gestellt, damit er sich nicht durchs Kratzen selbst verstümmeln kann.
Wie zu erwarten war, hat auch bei ihm – obwohl sicher noch nie ein Hund derartig früh korrekt diagnostiziert worden war – alles nichts geholfen, 27h nach Einlieferung ist auch er gestorben, nachdem Affis Herz bereits in der Früh nach der Einlieferung aufgehört hatte zu schlagen.
Man muss sich mal die Ironie vorstellen – Obi hat 2008 eine schwere FSME Infektion, bei der ihm niemand eine Chance gegeben hat überlebt, um 2 Jahre später an Aujeszky zu sterben… Glück braucht man eben, im Leben.
 Jetzt sitzen wir hier, heulend, mit der unbeantworteten Frage nach dem „warum?“.
Alle weiteren Drückjagden, bei denen die Jagdleiter nicht unbedingt auf uns und unsere Hunde angewiesen sind, haben wir bereits gecancelt. Die Baujagdsaison wird auch anders aussehen ohne die beiden.
Der Verlust ist so unbeschreiblich schmerzvoll und vieles wird ab jetzt anders sein. Wenn man den Samstag, wo die Ansteckung stattgefunden haben muss rekapituliert, kommt heraus, dass das unselige Stück Schwarzwild gegen Ende der Jagd von den beiden noch ordentlich gebeutelt worden ist, nachdem es erlegt worden war.
GsD waren wir in 2 Gruppen unterwegs, sonst hätte es schlimmsten Falls alle 7 erwischt.

Fazit1: Liebe Jäger, achtet in eurem eigenen Interesse darauf, dass der Schwarzwildkontakt eurer Hunde nicht länger ausfällt, als unbedingt nötig. Die infektiösesten Wildteile sind die Mund- und Rachenschleimhaut samt Gaumenmandeln (Speichel!!) und das Gescheide (Ausschuss/Aufbruch!!).
Leider ist es gar nicht nötig, dass die Hunde sich an einem erlegten Stück austoben oder es anschneiden, schon der Schleimhaut- und Speichelkontakt beim Binden eines angeschossenen oder gefangenen Stücks reicht für eine Infektion aus.
Blut ist auch, jedoch weniger infektiös. Wenn man den Gedanken weiterspinnt, könnte theoretisch schon die Arbeit auf der Wundfährte ausreichen, wenn der Hund den Schweiß aufleckt oder Ausschuss aufnimmt (was in aller Regel passieren wird).
Österreich hat es offenbar nicht nötig, die Schwarzwildbestände stichprobenartig auf Aujeszky zu testen, im umgebenden Ausland wird das jedoch gemacht. Dort gibt es Durchseuchungen zwischen 1-30% (!!). Wenn ich mir vorstelle, dass schlimmstenfalls fast jedes 3. Schwein mit dem die Hunde bei einer Jagd Kontakt haben todbringend sein könnte, wird mir schlecht. Selbst wenn man eine Durchseuchung von „nur“ 1% annimmt, reichen statistisch 100 Schweine, mit denen die Hunde Kontakt haben müssen, um 1 infektiöses dabei zu haben. Wenn man, wie wir, bis zu 4 Tage pro Woche auf Drückjagden unterwegs ist, ist es nur eine Frage der Zeit…

Fazit2: Behandelt eure Hunde so gut ihr könnt und wertschätzt sie so, wie sie es verdient haben. Ganz schnell kann alles anders sein und nichts kann sie dann mehr zurückbringen.“